Ein
wenig später als geplant legen wir in Bagan an. Vom Fluss aus
sind schon etliche Tempel zu sehen, aber dieser Blick ist noch lange
nicht der eindrucksvollste.
Nach dem Anlegen muss erstmal das steile
und lehmige Flussufer hochgeklettert werden, dann werden von allen
ankommenden die 10$ Eintritt für Bagan kassiert. Durchmogeln
geht hier kaum, aber wenigstens werde ich einen alten und gammeligen
10er los. Per Taxi fahre ich zum Thande-Hotel mitten in Alt-Bagan, wo
ich vorgebucht habe.
Das Hotel ist mit 30$ das teuerste auf meiner
Reise, bietet aber auch eine Menge. Ich wollte möglichst mitten
in der Tempellandschaft wohnen und habe hier eine echte Oase zwischen
den Besichtigungen. Nachdem ich den Bungalow mit Teakmöbeln –
der pure Luxus – bezogen habe, wird es schon fast dunkel. Im
Gartenrestaurant am Fluss trinke ich ein teures Bier und sehe mir den
Sonnenuntergang an, für heute genug Programm.
Ich treffe hier
auch ein paar Leute wieder und wir verabreden uns zum Essen. Das ist
hier auch teuer, dafür aber nicht besonders gut – ein
Nachteil der besseren Hotels.
Mit den Kutschfahrern vor dem Hotel verhandle ich noch über die Miete für die nächsten zwei Tage. Angesichts der Hitze habe ich den ursprünglichen Plan, mit dem Fahrrad herumzufahren, aufgegeben. Außerdem ist ja Urlaub und man ist ja gerne mal etwas faul. Wir werden uns schließlich handelseinig und verabreden für morgen in aller Frühe die Abfahrt.
Die Nacht ist wieder schnell um und um halb sechs besteige ich „meine“
Pferdekutsche. Es geht zum Mingala-Zedi, ein populärer
Aussichtspunkt für den Sonnenaufgang. Als ich ankomme, ist es
noch stockdunkel und es sind noch zwei andere Leute da. Also erstmal
einen Sitzplatz suchen und abwarten. Nach und nach wird es ein wenig
voller, hält sich aber immer noch sehr in Grenzen.
Es dämmert
langsam und die zahlreichen Pagoden tauchen aus Dunst und Nebel auf,
ein faszinierender und fast unwirklicher Anblick. Nachdem die Sonne
dann da ist, taucht sie den dunstigen Himmel in rot-oranges Licht,
zwischen den Tempeln steigt immer noch Nebel und Qualm auf (morgens
werden trockene Blätter zusammengefegt und verbrannt, keine
Ahnung warum). Wahnsinn! Das ist wahrscheinlich der schönste
Anblick, den man in Myanmar überhaupt sehen kann und ich
genieße jede Sekunde.
Nachdem
das Schauspiel vorüber ist, fahre ich zurück ins Hotel und
gönne mir das hier wirklich gute Frühstücksbuffet am
Ayeyarwady-Ufer. So langsam wird es warm und ich starte die erste
Rundfahrt.
Ich besuche die bedeutendsten Tempel im Gebiet von
Alt-Bagan, als erstes den Bupaya direkt am Fluss. Der ist zwar klein,
aber durchaus formschön und einzigartig.
In der Nähe der
Anlegestelle wird an einem Hochhaus (?) gebaut, wohl ein neues Hotel.
Schade, in Nyaung U entsteht auch schon ein 60 Meter hoher Aussichts-
und Einkaufsturm, das Panorama von Bagan wird sich wohl nach und nach
verändern und nicht unbedingt verschönern. Aber Tourismus
geht eben auch mit „Modernisierung“ und einher, leider
weniger für die Bevölkerung. Dafür entstehen dann neue
„Sehenswürdigkeiten“ für die Ausländer...
Die ursprünglichen Bewohner von Alt-Bagan, einige tausend, wurden
schon in den 90er Jahren zwangsweise umgesiedelt nach Neu-Bagan. Den
Anblick der einfachen Hütten wollte man wohl aus den
Touristenaugen verbannen. Das alles hinterlässt auch wieder
einen schlechten Beigeschmack und es bleibt zu hoffen, das derartige
Praktiken in Zukunft unterbleiben.
Ich
unternehme noch einen Abstecher zum Laquerware-Museum. Das wird extra
aufgeschlossen, ist aber nicht so wahnsinnig interessant.
Ich
fahre weiter und sehe mir noch einige andere Tempel an, vor allem den
großen Ananda-Tempel, wohl das bedeutendste erhaltene Bauwerk.
Leider kann man nicht nach oben steigen, genauso wenig wie beim
höchsten Tempel von Bagan, dem Thatbyinnyu. Die Tempel sind
nicht uninteressant, aber im Vergleich zum Beispiel zu Angkor nicht
so aufwendig in den Details. Einzigartig ist aber die Menge der
Bauwerke und die immer wieder beeindruckende Aussicht über die
Ebene mit den über 2000 noch erhaltenen Bauten.
Mittags
wird es so richtig knackig heiß und ich lege nach einem Mittagessen
erstmal eine Siesta ein. Der Hotelpool rentiert sich in diesem Moment
und lässt ein paar Stunden träge vergehen. Nachmittags
breche ich nochmals auf und fahre zum Dhamayiazika Tempel. Der liegt
ziemlich abseits und die Fahrt führt durch steppenartige
Landschaft mit großen Kakteen. Es ist angenehm ruhig, das Pferd
trabt über die sandigen Wege dahin. Außer ein paar
Ziegenherden ist kaum ein Mensch zu sehen.
Die Fantasie, dass hier
irgendwann nur noch Busse und Motorradtaxis auf asphaltierten
Strassen herumknattern, verdränge ich schnell wieder. Der
Dhamayiazika Tempel hat eine Eigenart, es ist der einzige mit
fünfeckiger Grundfläche unter der goldenen Kuppel. Man kann
ihn besteigen und erhält einen lohnenden Rundblick.
Zurück geht es über Feldwege zur Shwesandaw-Pagode, die für den Sonnenuntergang empfohlen wird. Entsprechend voll ist es hier, es sind schon ein paar Reisebusse angekommen. So toll ist der Ausblick übrigens auch nicht, in Richtung Sonne gibt es hier nicht allzu viel zu sehen.
Am
nächsten Morgen fahre ich zunächst nach Myinkaba. Dort
findet ein Shin Byu Fest statt, der feierliche Eintritt der jungen
Novizen ins Kloster. Das ist ein Riesenspektakel. Die neuen Mönche,
meist noch kleine Kinder, sind herausgeputzt wie die Prinzen. Eine
Prozession führt durch das ganze Dorf. Vorneweg die Frauen mit
Schirmen und Fächern, dann folgen die Kinder in bunten Gewändern
auf kleinen Pferden, umgeben von Verwandten die goldene Schirme über
sie halten. Am Schluss folgen die restlichen Männer mit der
Kapelle, die mit elektrischen Verstärkern auf einem Wagen
ohrenbetäubende Live-Musik erzeugt. Die einzigen, die sich bei
der ganzen Prozedur scheinbar nicht so wohl fühlen, sind die
jungen Novizen, die hier im Mittelpunkt stehen. Die meisten werden
allerdings dieses Mal nur für einige Tage im Kloster bleiben.
Bei
der Gelegenheit bekomme ich auch noch einiges vom Dorfleben zu sehen
und spaziere durch das Gewirr der Gassen. Auf dem Dorfplatz wird ein
kleiner Markt abgehalten, Schweine und Ziegen laufen herum. In den
Hütten gibt es zahlreiche Werkstätten, die vor allem die
bekannten Lackwaren herstellen. Der Herstellungsprozess kann hier gut
verfolgt werden. Zurück an der Hauptstrasse besuche ich die
Lackwerkstatt von Maung Aung Myin, wo ich einige schöne Dosen
für meine Cheroots vom Inle-Seee kaufe und ein paar
Kleinigkeiten als Mitbringsel.
Ich sehe mir noch einige weitere Tempel an, unter anderem die beeindruckende vergoldete Shwezigon-Pagode in Nyaung U. Dort treffe ich bei einer Rast einige junge Mönche und eine nette Familie, die mich mit Melone versorgt. Als Dank mache ich einige Bilder mit der Polaroid, wovon die Kinder und die Mönche sehr begeistert sind. Die Sofortbilder zum Verschenken waren eine gute Idee und haben überall für Freude gesorgt. In Nyaung U gehe ich noch etwas essen und bestätige vorsichtshalber meinen Weiterflug bei Air Mandalay.
Dann
ist erstmal Flucht in den Schatten und Siesta angesagt. Zum
Sonnenuntergang besuche ich einen von meinem Kutscher empfohlenen
Tempel, der kürzlich restauriert wurde und jetzt bestiegen
werden kann. Der Tipp war super! Zum einen ist es nicht so voll, kein
Vergleich zur Shwesandaw-Pagode. Zum anderen hat man von hier einen
viel besseren Blick, die Sonne versinkt genau über dem
Thatbyinnyu und dem Ananda-Tempel, die vor den Bergen und dem orangen
Himmel eine tolle Kulisse bilden. Wieder ein Anblick, an dem man sich
kaum sattsehen kann und ein gelungener Abschied von Bagan.
Abschied nehme ich dann auch von „meinem“ Kutscher, der mir bei der Gelegenheit ein duzend Cheroots schenkt. Ich bin total überrascht, dass hier tatsächlich der Arme den Reichen beschenkt. Als Gegengeschenk vermache ich ihm eine Baseballkappe und gebe auch noch ein angemessenes Trinkgeld. Die beiden Tage mit dem Fahrer waren prima, er konnte mir eine Menge zeigen und erzählen, trotz nur weniger Englischkenntnisse.
Am nächsten morgen fahre ich in aller Herrgottsfrühe zum Flughafen, und dann geht es schon wieder zurück nach Yangon.