In
Mandalay landen wir kurz später auf dem neuen Flughafen weit
außerhalb der Stadt. Dieser richtig große Flughafen wurde
vor zwei Jahren in Betrieb genommen, liegt aber größtenteils
„originalverpackt“ im Dunklen, mangels Nachfrage. Mit der
Handvoll anderer Leute, die aussteigen, verliere ich mich in der
riesigen Ankunftshalle mit zig Gepäckbändern. Leider sind
außer mir nur ein paar kleine Reisegruppen in Mandalay
ausgestiegen und ich finde zunächst niemanden, der sich ein Taxi
mit mir teilt. Vor dem verlassenen Gebäude steht nur ein genauso
verlassenes Taxi, das ich schließlich mit einer alten Burmesin
gemeinsam nehme. Die Fahrt in die Stadt dauert eine Stunde und vom
Flughafen aus geht es erstmal über eine neue, breite Strasse
durchs Nirgendwo. Obwohl genauso alt wie der Flughafen, ist die
Strasse schon wieder in einem recht beklagenswerten Zustand.
Als wir auf die Straße Saigaing-Mandalay stoßen, nimmt schlagartig der Verkehr zu. Fahren bei Dunkelheit ist in Myanmar nicht so der Spass. Die Hälfte der Fahrzeuge, natürlich plus der diversen Karren, Fahrräder, Fußgänger etc., ist ohne Licht unterwegs, die andere Hälfte fährt dafür mit Fernlicht, um die unbeleuchteten Verkehrsteilnehmer in Dunst und Dunkelheit nicht umzufahren. Im Ergebnis tasten sich alle irgendwie vorwärts. Im Gegensatz zu Yangon gibt’s hier auch Motorräder in Mengen und es wird fleißig gehupt.
Ich nehme für 5$ ein Zimmer im Nylon-Hotel, klein aber ok. Ein Stück die Straße runter findet sich das empfohlene Mann-Restaurant. Dort kann man wirklich gut und billig essen, das Chicken-Chilli ist super. Viele Einheimische verkehren hier und ich bleibe mit ein paar Myanmar-Beer bis der Laden relativ spät um zehn schließt. Zahlreiche Rikscha- und Taxifahrer betäuben sich mit Rum oder Whisky und werben für ihre Dienste. Ihre Geschichten sind in Mandalay immer dieselben, jeder hat – ja nach Gegenüber- einen guten Freund in Deutschland, England, Australien… und wird einen deshalb quasi kostenlos quer durch die Stadt fahren. Aus dem Geschäft wird erstmal nichts, stattdessen gibt es noch ein paar gute Unterhaltungen. Viele junge Leute sprechen sehr gut englisch und sind immer an einem Schwatz interessiert.
Den
ersten Tag verbringe ich mit den Sehenswürdigkeiten von
Mandalay. Die Stadt ist recht groß und weitläufig, sie
wirkt viel mehr wie Grosstadt als Yangon. Das liegt vielleicht
auch am dichteren Verkehr und der schlechten Luft. Im Zentrum selbst
ist nicht viel besonderes zu sehen, die meisten interessanten Tempel
liegen etwas außerhalb.
Ich nehme also ein Taxi zur
Kuthadaw-Pagode. Die Spezialität in Mandalay sind neben
Fahrradrikschas kleine, blaue Pickups, man könnte sagen
Zwergen-Taxis. Für die erste Fahrt setze ich mich nach vorne zum
Fahrer, eher ein Fehler, da ich leider etwas größer bin.
Hinten sitzt man besser, aber mit drei Europäern ist die
„Ladefläche“ auch voll.
Die
Kuthadaw-Pagode wird als größtes Buch der Welt gerühmt,
da sie von 729 kleinen Stupas, die Steinplatten mit buddhistischen
Lehrtexten enthalten, umgeben ist. Die langen Reihen von strahlend
weißen Minitempeln sind vor dem Tiefblauen Himmel ein
wunderschöner Anblick.
In der Pagode sind kaum Menschen, die
weitläufige Anlage bietet viel Ruhe und interessante Anblicke.
Einen Steinwurf weiter ist die Sandamuni Pagode etwas ähnlich,
sie ist ebenfalls von hunderten kleiner weißer Stupas umgeben.
Im Hintergrund sieht man den endlos langen, überdachten Aufgang
auf den Mandalay-Hill.
Nach dem Besuch dieser beiden sehenswerten
Tempel raste ich erstmal in der nächsten Teestube. Dort ergibt
sich ein gutes Gespräch mit einem älteren Mönch, der
englisch unterrichtet und viel zu erzählen hat. Als er
schließlich weiter muss, zahlt er den Tee für uns beide
und organisiert noch eine Flasche Wasser für mich, da Europäer
bei der Hitze ja viel trinken müssen. Sehr überrascht kann
ich mich gerade noch bedanken, schon ist er weg.
Ich breche auch auf
zum Shwenandaw-Kloster. Dieser Teakholzbau stand ursprünglich im
Königspalast, wurde aber als Kloster gestiftet und außerhalb
neu aufgebaut. Es ist das einzige noch erhaltene Gebäude aus der
letzten Königsdynastie, der Palast brannte im letzten Weltkrieg
ab. Das Holz ist teilweise vergoldet und das ganze Gebäude mit
Schnitzereien versehen, ein echtes Kunstwerk.
Mit
einem der total überfüllten Busse fahre ich zurück bis
zur Palastmauer im Zentrum. An einer Garküche mache ich
Mittagsrast und laufe dann die Mauer längs, die sich über
vier Kilometer Seitenlänge erstreckt. Das gepflegte Äußere
verdanken Mauern und Wassergraben dem Einsatz von hunderten
Zwangsarbeitern in den 90er Jahren, sehr unerfreulich. Das Innere der
riesigen Anlage wird überwiegend vom Militär genutzt, ich
verzichte auf den Besuch und die 10$ Eintritt.
Am
späten Nachmittag fahre ich zum Mandalay-Hill. Der Aufstieg
zieht sich ganz schön hin, über 1000 Stufen müssen
natürlich barfuss bewältigt werden. Unterwegs gibt es
zahlreiche Pavillons zur Rast, viele kleine Tempel und immer wieder
schöne Ausblicke. Außerdem wird jedem ein langes Leben
verheißen, der zu Fuß den Hügel besteigt, also
wird’s ja wohl für was gut sein.
Von der Pagode auf der
Spitze des Hügels hat man einen Rundblick über Mandalay und
Umgebung, es ist aber leider sehr dunstig. Viele Schüler,
Studenten und Mönche sind unterwegs und suchen das Gespräch
mit Ausländern, die Zeit bis zum Sonnenuntergang vergeht so wie
im Flug. Kurz vorher kommen dann viele Reisegruppen, die genauso
schnell wieder verschwinden wie die Sonne im Dunst versinkt. Eine
japanische Reisegruppe tut sich mit Lärm und schlechtem Benehmen
hervor, sehr nervig.
Als es dunkel wird, mache ich mich auf dem Weg
und fahre mit dem Aufzug bis zum Ende der Strasse, die auf den Hügel
führt. Ich habe keine große Lust, wieder runter zu laufen,
aber eine Transportmöglichkeit gibt es leider auch nicht…
alle verweisen auf die Treppen.
Schließlich mache ich doch noch
den Fahrer einer Reisegruppe ausfindig, der gegen angemessene
Bezahlung anbietet, mich bis zum Hotel zu fahren. So geschieht’s,
hinten im Pickup sitzen übrigens die nervigen Japaner von eben,
die so doch noch ihr gutes gebracht haben... ;-)
Das
Abendprogramm findet wieder im „Mann“ statt, gemeinsam
mit zwei Engländern die ich im Nylon getroffen habe. Wir machen
auch noch einen kurzen Abstecher zum Nachtmarkt. Dort werden neben
lustigen Hochglanzpostern schöner Menschen vor allem
Militärklamotten angeboten, die sich komischerweise großer
Beliebtheit im Land erfreuen. Ich sah sogar einige Leute in altem
Bundeswehrzeug. Naja, wahrscheinlich darf man das nicht überbewerten,
genauso wenig wie das Wahrzeichen der populären Band „Iron
Cross“, nämlich eben dieses Wehrmachtskreuz. Politisch sei
das nicht zu verstehen, wird immer wieder versichert und ich bin
geneigt, dem zu glauben.
Nachts
ist kaum Verkehr, die Strassen sind düster und es ist sehr
nebelig, eine interessante Atmosphäre. Nach dem Nachtmarkt
machen wir sogar noch ein Lokal ausfindig, wo wir bis in die Nacht,
sprich elf Uhr, ein paar Bier bekommen. Dazu machen wir Bekanntschaft
mit einem sympathischen Fahrer, den wir mitsamt seines Zwergentaxis
für die nächsten zwei Tage verpflichten.
Die
nächsten Tage geht es in die Umgebung von Mandalay. Morgens
fahren wir zuerst nach Mingun, eine gute Stunde flussaufwärts.
Dort angekommen gesellt sich zu jedem erstmal ein selbsternannter
Fremdenführer, der kaum wieder loszuwerden ist. Naja, nicht so
tragisch, wir lassen das mal so laufen.
Mingun ist so ziemlich das
touristischste bisher, was auch für die Preise gilt. Für
eine Star-Cola werden an manchen ständen 800 Kyat verlangt, sehr
witzig (der übliche Preis liegt bei 150-200 K). So toll ist
Mingun im übrigen auch nicht, einfach zu viel Trubel. Der Sockel
der Mingun-Paya ist schon beeindruckend, ein 50m hoher
Ziegelsteinklotz. Man kann sich ungefähr vorstellen, wie stark
das Erdbeben gewesen sein muss, das ihn gespalten hat. Von oben hat
man einen schönen Blick auf die ländliche Gegend und einige
Pagoden. Bei der Besteigung – barfuss natürlich –
muss man allerdings aufpassen, wo man hintritt. In Europa würde
man Touristen wahrscheinlich noch nicht mal in Nähe so einer
ungesicherten Ruine lassen, aber so gefährlich ist’s nun
auch wieder nicht.
Es schließen sich die restlichen
Sehenswürdigkeiten an, etwa die größte noch
funktionsfähige Glocke mit 90 Tonnen, in deren Inneren man es
ganz schön läuten hört. In einer weiteren Pagode
flitzen kleine Mönche herum, wollen unbedingt die Schuhe der
Besucher tragen oder fotografiert werden, allerdings nur gegen Cash.
Auf dem Rückweg zum Anleger wird uns noch ein Altenheim gezeigt,
was im Land ziemlich einzigartig ist und Menschen ohne Familie
kostenlos Unterkunft bietet.
Unsere „Führer“ die uns
den ganzen Weg über eigentlich ungefragt verfolgt haben, fragen
nach einer kleinen Entlohnung, möglichst in Dollar. Wie sich
schnell herausstellt, dachten sie aber an 5er oder 10er, für die
1-Dollar-Scheine hätten sie keine Verwendung… Wir zahlen
nach gemeinsamer Überlegung 1000 Kyat (in Yangon bekommt ein
lizenzierter Guide in der Shwedagon für mehr Leistung 2000 K),
was ein durchaus fairer Preis ist, aber nicht gerade für
Begeisterung sorgt.
Ok, das war Mingun, man muss es nicht
gesehen haben…
Zurück
in Mandalay wartet schon unser Taxifahrer und es geht weiter nach
Inwa, eine der was-weiss-ich-wievielen alten Hauptstädte in der
Gegend. Die Könige seinerzeit hatten offenbar einen Heidenspaß
an Umzügen. Bevor es auf die Fähre über den Ayeyarwady
geht, finden wir noch ein einfaches Lokal für eine Mittagspause.
Dort wird der Tisch schnell mit duzenden Schalen voll gestellt,
Suppe, Curries, Obst, für jeden was dabei. Es schmeckt gut und
inklusive Getränken kostet das ganze gerade mal 900 Kyat pro
Nase.
Für das weitläufige Inwa stehen als Transportmöglichkeit Pferdekutschen zur Verfügung. So traben wir gemütlich drei Stunden durch schöne Landschaft, vorbei an Palmen, Reis- und Sonnenblumenfeldern. Die Überreste der Hauptstadt und Tempel auf der Strecke sind nicht weiter erwähnenswert, aber nach dem lauten Mandalay und dem überlaufenen Mingun ist es hier sehr angenehm.
Als letzter Ort wird dann Amarapura besucht. Gerade rechtzeitig zum Sonnenuntergang erreichen wir die U-Bein-Bridge, die sich zu Recht großer Beliebtheit zu dieser Tageszeit erfreut. Vor dem roten Sonnenball ragen die Holzpfosten in die Höhe, über die filigran wirkende Brücke schlendern eine Menge Mönche – ein eindrucksvolles Bild. Die tolle Stimmung wird auf Film bzw. Chip gebannt, was natürlich nur ansatzweise gelingt.
Am nächsten Tag fahre ich nochmals nach Amarapura, um die Brücke auch im Tageslicht zu sehen. Leider hat die vergangene Regenzeit einige Schäden hinterlassen, so dass die Brücke nicht komplett überquert werden kann und ganze Abschnitte erneuert werden. Wasser ist momentan nur sehr wenig vorhanden, größtenteils führt die Brücke über Felder, was dem Gesamtkunstwerk aber nicht schadet. Das lebhafte Treiben auf der Brücke, schwimmende Kinder, Entenzüchter, Mönche und die Klöster der Umgebung machen den Aufenthalt lohnend und kurzweilig. Ich bleibe nochmals bis zum Sonnenuntergang, der noch schöner wird als am Tag zuvor.
In
Mandalay besuche ich noch die weiteren „typischen“
Sehenswürdigkeiten. Interessant sind die Blattgoldherstellung,
Goldschläger hat es zu Hause wohl vor sehr langer Zeit auch
gegeben, und die vielen Steinmetze rund um die Mahamuni-Pagode.
Diese
ist auch absolut sehenswert. In den Zugängen gibt es viele
kleine Läden und Handwerksbetriebe, vor allem Schnitzereien. Ich
kaufe einen schönen Buddha aus Teak und ein paar winzige Statuen
aus verschiedensten Hölzern. Der große sitzende Buddha in
der Pagode gehört zu den meistverehrtesten und ist mit einer
dicken Goldschicht überzogen. Auf der Plattform sind mehrere
Bedienstete damit beschäftigt, laufend weiteres gestiftetes
Blattgold anzubringen. Einer winkt mich nach oben und drückt mir
ein Päckchen Gold in die Hand. Artig beteilige ich mich an der
Vergoldung der Statue, was allgemeine Heiterkeit verursacht.
Überhaupt geht es hier, wir überall in den Tempeln, sehr
lebendig zu und rund um die Anlage gibt es Getränke und allerlei
Leckereien. Mitten in der Pagode sind große Fotos vom letzten
Besuch Than Shwes und anderer Militärs ausgestellt, die in ihren
Kampfanzügen etwas deplaziert in dieser Umgebung wirken, aber so
ist die Realität.
Ich bleibe viel länger als geplant in der Mahamuni-Pagode und habe dann erstmal Schwierigkeiten, den richtigen Ausgang zu finden, irgendwie sieht alles gleich aus. Aber schließlich finde ich das wartende Mini-Taxi doch noch wieder. Bei „Nylon-Icecream“ bekämpfe ich die Hitze des Tages mit hervorragenden Milchshakes.
Als
Abschluss in Mandalay besuche ich abends die Moustache-Brothers, die
nach Haft, politischer Verfolgung und Auftrittsverbot nur noch zu
Hause für Touristen ihre Show anbieten. Diese ist sehenswert und
unterhaltsam. Neben Witzen und Anekdoten gibt es Musik und
Tanzeinlagen. Auch wenn der Personenkult meiner Meinung nach etwas
übertrieben wird und alles sehr „businessorientiert“
abläuft, mir hat's gefallen und diese Familie mit dem
Eintrittsgeld zu unterstützen kann so verkehrt nicht sein.