Nach
einigen Überlegungen und vielen Vorinformationen ist mein
Reiseziel in diesem Jahr Myanmar. Via Bangkok lande ich morgens in
Yangon, für die meisten der Ausgangspunkt im Land. Der
Mingaladon-Airport wird gerade vergrößert, der Neubau im
Stil einer Pagode ist aber noch nicht in Betrieb. Das einzige
Gepäckband spuckt zum Glück auch meinen Rucksack aus, im
Gegensatz zum letzten Jahr in Kambodscha. Die Einreiseformalitäten
sind schnell erledigt und unterscheiden sich nicht von denen anderer
Länder, von Gepäckkontrollen etc. keine Spur.
Über Internet hatte ich für die ersten Nächte ein Zimmer im Beautyland II reserviert und werde wie vereinbart am Flughafen abgeholt. Schon auf der Fahrt in die Stadt fallen ein paar Unterschiede zu anderen Metropolen in Südostasien auf: der Verkehr ist vergleichsweise moderat und gemächlich, es gibt keine Motorräder und niemand hupt. Später erfahre ich, dass Motorräder in Yangon verboten sind, Hupen seit einiger Zeit ebenfalls. Solche „Kuriositäten“ einer unberechenbaren Regierung begegnen einem immer wieder. So wurde auch irgendwann schlagartig der Rechtsverkehr eingeführt, fast alle Fahrzeuge sind aber weiterhin auf Linksverkehr ausgerichtet, da sie aus den Nachbarländern gebraucht importiert werden.
Auf den ersten Blick ist Yangon nicht besonders attraktiv, viele Baustellen für Hochhäuser fallen auf. Man ist wohl bemüht, der Stadt auch mit Blick auf den ASEAN-Gipfel im nächsten Jahr ein modernes Antlitz zu geben. Andererseits scheint die Zeit selbst in der Hauptstadt stehen geblieben zu sein, alles sieht ein wenig aus wie zu Kolonialzeiten. Auch etliche Fahrzeuge scheinen aus dieser Epoche zu stammen. Und was noch neu ist für mich: man(n) trägt Rock, hier ist wirklich so gut wie jeder im Longyi unterwegs.
Im
Beautyland beziehe ich ein ganz ordentliches Zimmer. Das Hotel ist
optimal gelegen und ich unternehme direkt eine erste Erkundung der
Innenstadt. Als erstes möchte ich Zahlungsfähigkeit
herstellen und begebe mich zum Bogyoke-Markt, wo man wohl alle fünf
Meter zwecks Geldwechsel angesprochen wird, so hörte ich vorher.
Ich bin daher etwas irritiert, als mich auch auf der zweiten Runde
kreuz und quer durch den Markt kein Mensch anspricht. Irgendwas ist
hier scheinbar im Busch, denn nach und nach tauchen immer mehr
Polizisten und bewaffnete Soldaten auf und streunen durch den Markt.
Das lebhafte Treiben wird auch immer weniger lebhaft... das fängt
ja prima an.
Ich verabschiede mich erstmal und muss dringend etwas
trinken, der 30-Grad-Temperaturanstieg zur Heimat will erst noch
verkraftet werden. Zawgyi's neben dem Markt bietet nette Sitzplätze
im Freien und nimmt auch Dollar, so dass einem Coconut-Shake nichts
mehr im Wege steht. Von der Bombe, die hier kürzlich
hochgegangen ist, ist glücklicherweise auch nichts mehr zu
sehen.
Als
nächstes gehe ich zur Sule-Pagode, werde dort auch schnell mit
einem Geldwechsler handelseinig und sammle den ersten dicken Packen
Kyat ein. Weitere werden folgen, ich wechsle den Bedarf für die
nächsten drei Wochen in Yangon.
Nachmittags
treffe ich mich noch zur Ticket-Übergabe, ich hatte von
Deutschland aus bereits Inlandsflüge gebucht wegen des relativ
engen Zeitplans. Sehr zu empfehlen ist „Fascinating Land Travel
& Tours“, Michael Pfeiffer kümmert sich perfekt um
seine Kunden. Den ersten Abend verbringe ich auch gleich bei ihm zu
Hause, seine Frau hat Linsensuppe gekocht – ein sehr exotischer
Einstieg in Myanmar.
Der
zweite Tag in Yangon dient der Entdeckung der Innenstadt. Den Anfang
machen die Sule-Pagode und die diversen Kolonialbauten und Parks der
Umgebung. Etwas gestört wird das Panorama durch die
Hochhaus-Bauruinen, die seit 1997 neben der Sule vor sich hingammeln.
Hoffentlich enden die vielen aktuellen Bauprojekte nicht genauso.
Die
Sule-Pagode gefällt mir schon ganz gut, von der Bevölkerung
wird sie viel genutzt. Im Inneren gibt's haufenweise Gold, aber auch
eine Menge Kacheln die ein wenig an die „Eierschalen“-Bäder
und Küchen der 50er Jahre erinnern. Von der Fußgängerbrücke
über die Sule Pagoda Road aus hat man wahrscheinlich einen guten
Blick auf dieselbe. Ich werde es nicht erfahren, denn ein Soldat auf
der Brücke verbietet den Zutritt, warum auch immer.
Gleich
hinter der Freitags-Moschee schließt sich das indische Viertel
an, wo es viel zu sehen gibt. Neben bunten alten Fassaden gibt's
viele Handwerker, kleine Geschäfte, Märkte und natürlich
Teestuben. Beim Schlendern durch die Gassen entdeckt man an jeder
Ecke was neues, das ganze Viertel ist sehr lebendig.
Ich bin
überrascht, wie wenige Touristen man trifft und wie selten man
unterwegs angesprochen wird. Bettler gibt es kam und außer an
einigen strategisch wichtigen Punkten der Stadt lauern einem weder
Postkartenverkäufer noch Rikschafahrer auf.
Der größte
Trubel herrscht vor den Kinos, wo scheinbar nachmittags die
Eintrittskarten verkauft werden und wo lustige handgemalte Plakate
die heimischen Liebes- und Ballerfilme anpreisen.
An den zahlreichen
Garküchen gibt's das ein oder andere zu probieren, wobei manches
nicht besonders einladend aussieht. Mit dem scheppern von
Blechbechern machen überall Wasserverkäufer auf sich
aufmerksam, da bevorzuge ich lieber die verschlossenen Flaschen. Ich
überlebe aber sowohl die Snacks als auch das gehackte Eis in der
Star-Cola ohne Schwierigkeiten. Spitze ist die oft erhältliche
Mohinga-Suppe, die man dem Hotelfrühstück locker vorziehen
kann. Leider scheint es in Myanmar nur einen Toastbrotproduzenten zu
geben, der sein ungenießbares, süßliches und
bierdeckelartiges Produkt an alle Hotels im Land liefert. Außer
Ei und Obst kann man das Frühstück daher getrost vergessen.
Den Abend verbringe ich in Chinatown, das sich nach Sonnenuntergang in einen einzigen großen Nachtmarkt verwandelt. Das sonst in Asien verbreitete Touri-Angebot á la Rolex und Lacoste findet man hier (noch) nicht, dafür eine Menge essbares, kitschige Hochglanzposter und viele Klamotten aus China.
Frühes
Aufstehen ist auf dieser Reise Standard, ganz anders als zu Hause,
aber es lohnt sich. Am nächsten Morgen mache ich mich kurz nach
Sonnenaufgang auf zur Shwedagon-Pagode. Das Taxi lädt mich am
Touristen-Aufzug ab, wo auch gleich der Eintritt von 5$ kassiert wird
und man einen netten Aufkleber als Nachweis auf die Brust gerückt
bekommt.
Statt Aufzug nehme ich aber ein Stück weiter den
Südaufgang zu (bar-)Fuß, wie sich das gehört. Der
Aufgang mit den ganzen vergoldeten Holzschnitzereien und Türmen
ist schon ein Kunstwerk für sich. Im Inneren ist er gesäumt
von kleinen Läden, die allerlei religiösen Bedarf
feilbieten aber ihre Waren erstaunlich wenig dem Touristen anpreisen.
Oben auf der Marmorplattform angekommen erschlägt mich der erste
Anblick dieser unglaublichen Anlage. Die Fülle an Farben und
Formen ist der helle Wahnsinn, man weiß gar nicht, wohin man
zuerst sehen soll. Also erstmal in Ruhe in eine der Hallen setzen und
einfach nur gucken. In der Pagode herrscht reger Betrieb, aber
überwiegend Einheimische sind unterwegs. Der Tempel wird
wirklich „genutzt“ und ist nicht Freilichtmuseum, die
Atmosphäre ist einzigartig.
Das alles tröstet auch
problemlos darüber hinweg, dass die große goldene Stupa
komplett eingerüstet ist zwecks Renovierung. Obwohl, dieses
filigrane Bambusgerüst ist durchaus auch sehenswert.
Um mir
einen Überblick zu verschaffen, nehme ich das Angebot eines
Führers an, mit dem ich für 2$ knapp zwei Stunden lang die
wichtigsten Punkte der Anlage besuche, was interessant und
unterhaltsam ist. Besonders originell fand ich den TV-Buddha. Eine
nur für Männer zugängliche Buddhastatue wird in einem
Tempel per live-Übertragung für die Frauen auf einem
Fernseher wiedergegeben. Am für mich zuständigen
Planetenpfosten stifte ich die im Aufgang erworbenen Lotosblumen,
Bitten für eine gute Reise kann ja nicht schaden.
Ich bleibe bis mittags in der Pagode und drehe diverse Runden um die Stupa. Zwischendurch ergeben sich einige Gespräche mit Mönchen und rastenden Menschen, die von ihrem mitgebrachten Essen anbieten. Die Freundlichkeit und Gastfreundschaft ist immer wieder beeindruckend in diesem Land, selbst das wenige vorhandene wird oft noch geteilt. Obwohl die Diktatur wenig Grund zur Heiterkeit liefert, wäre auch der Titel „Land des Lächelns“ hier viel angebrachter als in Thailand.
Am
späten Nachmittag gehe ich nochmals zur Shwedagon hoch, genieße
das Gold im Abendlicht, den Sonnenuntergang mit dem folgenden Fegen
der Plattform und schließlich die angeleuchteten Bauten. Es ist
merklich mehr Betrieb, scheinbar kommen die Reisebusse eher gegen
Abend. Aber nach Sonnenuntergang legt sich das schnell wieder, nur
das Beten und Meditieren geht weiter. Mit ihren faszinierenden
Bauten, der Lebendigkeit und Stimmung ist die Shwedagon-Pagode ein
absolutes Highlight dieser Reise!
Auch wenn mir nach zig Stunden
Barfußlaufen abends etwas die Füße qualmen, da muss ich
mich erstmal dran gewöhnen. Wenigstens darf man in den Pagoden
Essen, Trinken und sogar Rauchen, was einen mehrstündigen
Aufenthalt noch angenehmer macht.
Auf
dem Bogyoke-Markt fülle ich nochmals die Reisekasse für die
nächsten Wochen. Dieses Mal bekomme ich fast nur 500er und einen
kleinen Packen 1000er. Später im Hotel stelle ich fest, das die
frisch gedruckten 1000er zwar aussehen wie immer, aber eine ganze
Ecke kleiner sind als die anderen. Erst ahne ich böses, erfahre
aber dann, dass es sich um eine neue Serie handelt, die gerade erst
im Umlauf ist.
Den (vorläufig) letzten Abend in Yangon verbringe ich im Padonmar-Restaurant in einer alten Villa am Inya-Lake. Dort gibt's gutes Essen, wenn auch etwas teurer. Zum ersten Mal probiere ich auch Laphet, den Salat aus Teeblättern, schmeckt nicht schlecht.